Abfuhr für „Die Landarztpraxis“: Gemeinderat Bayrischzell untersagt Dreharbeiten im Ort

Hier noch vor Ort in Bayrischzell: Die in Miesbach aufgewachsene Rosetta Pedone spielt in „Die Landarztpraxis“ die Tochter des Dorfwirts. Weitere Dreharbeiten für die SAT1-Vorabendserie sollen nur noch auf privaten Flächen stattfinden.

Eine zweite Serien-Produktion in Bayrischzell? Zu viel, meint der Gemeinderat. Dem Wunsch nach Dreharbeiten für die „Die Landarztpraxis“ hat er deshalb eine Abfuhr erteilt.

Bayrischzell – Seit elf Jahren dient der Ort Bayrischzell als Hauptkulisse für die ZDF-Serie „Frühling“. Nun wollte eine andere Filmproduktion das idyllische Potenzial des Bergdorfes für schöne Landschaftsaufnahmen nutzen – für Dreharbeiten für die Serie „Die Landarztpraxis“, die seit Kurzem auf SAT1 läuft (wir berichteten). Dafür fragte die norddeutsche Filmpool GmbH bei der Kommune an, doch der Gemeinderat sieht mehr Schwierigkeiten als Nutzen und lehnte die Anfrage einstimmig ab.

In der Sitzung am Montagabend lobte Bürgermeister Georg Kittenrainer (CSU) „Frühling“ als eine sehr „renommierte Serie“ – auch wenn sich über den Inhalt „die Geister scheiden“, ergänzte er schmunzelnd. Jedoch herrsche Einigkeit, dass sie unheimliche schöne Bilder produziere. Noch wichtiger sei jedoch die Zusatzinformation auf dem fiktiven Ortsschild „Frühling“, das regelmäßig im Vorspann aufblitze. Denn darauf wird auch die „Gemeinde Bayrischzell“ wörtlich erwähnt. „Bei der Einschaltquote führt das in unserer Tourist-Info immer wieder zu vielen Anfragen. Zur besten Sendezeit ist das eine hervorragende Werbung.“

Immer wieder Beschwerden von Anwohnern

Wo Licht ist, da ist bekanntermaßen auch Schatten: So berichtete Kittenrainer weiter, dass die Dreharbeiten von der Bevölkerung im Ort unterschiedlich wahrgenommen werden. Insbesondere von Anwohnern, die das Filmteam direkt vor der Tür haben: „Da erreichen uns immer mal wieder Beschwerden im Ordnungsamt, die zum Teil sehr intensiv sind.“ In diesem Zusammenhang erwähnte der Bürgermeister auch, dass Filmpool im Sommer bereits eine Staffel für die „Die Landarztpraxis“ in der Region gedreht hatte (wir berichteten). Auch auf öffentlichen Flächen in Bayrischzell: „Und da ist es ganz schön aufgegangen mit den Beschwerden.“ Konkret wurde für die Aufnahmen laut Kittenrainer die Tiroler Straße per Ampel an der Sportalm gesperrt. „Die haben dort länger gedreht“, und die Autoschlange habe sich bis zum Ortseingang zurückgebildet. „Keiner hat sich so recht ausgekannt, was los ist.“ Aufgrund der Beschwerdewelle hat sich die Verwaltung nun entschieden, den Antrag für eine weitere Filmproduktion im Ort im Gemeinderat behandeln zu lassen. Kittenrainer sieht es so: „Filmleute sind bei uns herzlich willkommen, wenn sie auf freier Fläche drehen“ – oder auf Privatgrundstücken, wenn dies per Motivvertrag geregelt sei. Kritischer sieht er die Tätigkeiten aber auf öffentlichen Plätzen und Straßen. Dies stellte er nun zur Diskussion.

„Wir haben bereits eine Filmgesellschaft, die immer wieder mal da ist. Ich glaube nicht, dass wir eine zweite brauchen“, meinte Georg Acher (FWG). Er erkenne keinen zusätzlichen Werbeeffekt für die Gemeinde, wenn an zwei Drehtagen im Ort gefilmt werde, die Aufnahmen in der fertigen Serie aber nur für ein paar Sekunden zu sehen sind und kein Mensch wisse, woher sie stammen. „Ich glaub nicht, dass wir uns das antun müssen, nur um danach noch mehr Unfrieden in der Bevölkerung haben.“ Auch Tourismus-Leiterin Stephanie Hintermayr erkennt keinen wirklichen Mehrwert für den Fremdenverkehr durch eine weitere TV-Produktion neben dem „Frühlings“-Team, „mit dem wir uns sehr gut arrangiert haben und gut zurechtkommen“. Sie wolle den Einheimischen ungern eine zweite Filmproduktion zumuten. „Für unser touristisches Konzept brauchen wir unsere Bürger“, betonte Hintermayr. Eine authentische Gemeinde, wie es bei der Dorfhelferin in „Frühling“ dargestellt werde, lebe insbesondere davon. „Wo viele Bürger sind und keine Hotelburgen, sondern es Sportvereine, Gastwirtschaften und Gewerbebetriebe gibt.“

Gemeinderat: „Das brauchen wir nicht“

„Eine zweite Produktion hat wirklich nicht Platz“, meinte auch Vize-Bürgermeister Egid Stadler (CSU), der zudem befürchtet, das Bayrischzell zur „Kulissenstadt“ werde. Wo bestimmten Gebäude und Geschäfte wie etwa das ehemalige Café Stumpp nur noch für den Film aufsperren und sonst geschlossen bleiben. „Das brauchen wir nicht“. Albert Jupé (FW) erklärte, dass es sich bei „Der Landarztpraxis“ von Filmpool um eine „Daily Soap“ handelt. „Heißt, die drehen jeden Tag eine Folge, das ist qualitativ nicht so hoch angesiedelt. Mit dieser Serie wird man nicht Bayrischzell identifizieren.“

Am Ende beschloss der Gemeinderat, dass Filmteams in Bayrischzell grundsätzlich willkommen sind, aber derzeit keine weiteren öffentlichen Flächen zur Verfügung gestellt werden. Kittenrainer: „Das Kritischste sind die Straßensperrungen und die wenigen vorhandenen Parkplätze, die dann mit Filmlastwagen belegt sind. Da kocht die Seele der Bürger.“